Claudia Kragulj – PLATZ-Prothese für einen öffentlichen Raum

PLATZ-Testerin

Eine Prothese (…) bezeichnet in der Medizin den Ersatz von Gliedmaßen, Organen oder Organteilen durch künstlich geschaffene, funktionell ähnliche Produkte. Befindet sich die Prothese außerhalb des Körpers, spricht man von einer Exoprothese (…) Wikipedia

In diesem Projekt geht es um die Untersuchung eines öffentlichen Platzes, für den ich eine PLATZ- Prothese entwickelt habe. Es handelt sich um den Rabbiner-Friedmann-Platz im 2.Wiener Gemeindebezirk nahe des Pratersterns. Dieser Platz wurde auch von QUERAUM, einem Institut für Kultur- & Sozialforschung im Rahmen eines Auftrags der MA 18 zu „Verunsicherungsphänomenen im öffentlichen Raum“ untersucht.

In zwei Kreisen sind auf diesem Platz Sessel aufgestellt. Sie sind im Boden verankert und unverrückbar in Zweier- und Dreier-Gruppen platziert. Stets stehen Sessel mit Armlehnen und solche ohne nebeneinander.

Mittels eigener Körperwahrnehmungen ging ich mit meiner Studienkollegin Tina Murg daran, diesen Platz (und zum Vergleich auch einen 2. Platz) sinnlich zu erfassen und dies fotografisch zu dokumentieren. Wir schlüpften in Arbeitsgewänder und in die Rolle von Platz-Testerinnen. Die Untersuchung der Fotos ergab für mich, dass der Platz wie eine kleine Bühne wirkt, die für eine Gruppe von Leuten mit ähnlichen Bedürfnissen konzipiert wurde. Die Möglichkeiten den Platz zu nutzen sind eingeschränkt. Es herrschen Ein- und Ausschlussmechanismen von bestimmten Personengruppen. Wer hier auf- und abtreten soll, ist vorherbestimmt.

Mein Objekt PLATZ-Prothese, das ich für diesen Platz entwickelt habe, soll dazu anregen, öffentliche Räume zu testen, bewusster wahrzunehmen und zu diskutieren.

In den letzten Jahren werden im öffentlichen Raum in Großstädten immer weniger Sitz-und Liegemöglichkeiten aufgestellt. In den 1990er Jahren war die Begrünung der Plätze ein großes Thema, um den NutzerInnen mehr Rückzugsmöglichkeiten zu bieten. Seit den 2000er Jahren geht es vermehrt um das Thema Sicherheit und die Einsehbarkeit von Plätzen z.B. durch niedrigere Büsche, heute wiederum gibt es Gegenbewegungen, die mehr private Ecken und Privatsphäre fordern.

Die Neukonzeptionierung des Rabbiner-Friedmann-Platzes wurde mittels eines Bürgerbeteiligungsverfahrens – unterstützt von der Gebietsbetreuung – Stadterneuerung im 2.Bezirk. Diese gewinnt 2010 in der Kategorie Stadterneuerung den Walk-space Award.

In der Architektur von öffentlichen Räumen und Plätzen spiegeln sich gesellschaftliche (Gefühls)-Zustände wider. Es existiert darin ein Archiv von Körperhaltungen, gespeicherten Stimmungen und Wertvorstellungen einer bestimmten Gesellschaft in einer bestimmten Zeit. Die Frage nach den Ein- und Ausschlussmechanismen von Gruppen ist daher besonders interessant genauso wie die Frage nach der (Re)Präsentation. Wer wurde beteiligt, welche Interessen sind vertreten, wer wird repräsentiert? Wer ist unerwünscht?


About this entry